Das Märchen des Geldanlegens und dabei etwas Gutes tun

Mit einer Analogie zum Märchen „Die Schöne und das Biest“ leitete Dipl.-Betriebswirt Markus Hamella seinen Vortrag über den „Finanzmarkt und die Nachhaltigkeit“ ein, der vergangenen Mittwoch, den 16.06.2021 im Rahmen der Ringvorlesung „Interdisziplinären Facetten der Nachhaltigkeit“ stattfand. Die Vorlesung drehte sich im um folgende Leitfrage: Verwandelt sich das Biest (=Finanzmarkt) eines Tages in einen wunderschönen Prinzen und wird er bis ans Ende seiner Tage mit der Schönen (=Nachhaltigkeit) in einer innigen Liebesbeziehung verweilen?  

Marktanteil nachhaltiger Finanzprodukte steigt – aber viel zu langsam…

Zunächst ist erfreulicherweise festzustellen, dass ein Wandel zu einem nachhaltigeren Finanzmarkt zu erkennen ist. Der Druck seitens Politik und Gesellschaft bringt Finanzmarkt und Nachhaltigkeit ein Stück näher zusammen – von einer Liebesbeziehung kann allerdings noch lange keine Rede sein. So verzeichnen Banken mit Nachhaltigkeitsstandards trotz Corona-Krise ein hohes Wachstum, wie zum Beispiel die GLS-Bank mit einem Zuwachs der Bilanzsumme von über 20 % über das vergangene Jahr, aber:  nur etwa 1 % des Gesamtkapitals werden von derartigen Banken verwaltet. Gründe für diesen geringen Marktanteil liegen insbesondere darin, dass Ottonormalverbraucher*innen oftmals nicht über nachhaltige Anlagestrategien informiert sind, eine Mitgliedschaft bei einer nachhaltigen Bank höhere Kosten mit sich trägt, das Anlagerisiko als größer einzuschätzen ist und die nachhaltige Wirkung solcher Banken oftmals nicht gesichert ist. Bei Letzterem stellt sich die entscheidende Frage, welche Kriterien bei der Einschätzung einer Bank als nachhaltig gelten und wer eine solche Überprüfung vornimmt? 

Finanzmarkt-Labels zur Einschätzung der Nachhaltigkeit nicht ausgereift genug

Nach der Klimakonferenz 2015 in Paris hat die Europäische Kommission im Rahmen des EU-Aktionsplans für International Climate Finance eine zentrale Taxonomie für nachhaltige Investments ins Leben gerufen. Taxonomie meint die Klassifizierung von nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeiten. Des Weiteren werden Qualitätssiegel für Nachhaltigkeitsfonds nach sogenannten ESG-Kriterien vergeben. Die drei Buchstaben stehen für Environment, Social und Governance und sollen die Grundlage zur Bemessung des nachhaltigen Wirtschaftens schaffen. Dennoch liegt die Problematik im methodischen Vorgehen der ESG-Ratingagenturen: Nachhaltigkeit in einer einzigen Kennzahl darzustellen wird der Vielzahl an Kriterien nicht gerecht und müsste aufgrund dessen eine Einzelfallentscheidung bleiben. Als Beispiel hierfür kann angeführt werden, dass das Unternehmen Nestlé als eines der nachhaltigsten Unternehmen der Welt geratet wurde, obwohl dessen fragwürdige Geschäftspraktiken in vielen Bereichen, unter anderem der Wasserpolitik in afrikanischen Ländern, allgemein bekannt ist. 

Die ökonomische Logik der Nachhaltigkeit 

Auf der Suche nach Antworten auf die Frage, ob Nachhaltigkeit wirtschaftlich gesehen gewinnbringend sein kann, muss postuliert werden: Nachhaltigkeit kostet.  Trotz alledem bildet sich durch die sukzessive Etablierung nachhaltiger Investments ein neuer lukrativer Markt für die Finanzwelt. In dieser können Banken eine neue Rolle einnehmen und die Performance nachhaltiger Investments mehr in den Fokus geraten. Ein Unternehmen, welches die unterschiedlichen Facetten der Nachhaltigkeit beherzigt und gleichzeitig Gewinne erzielt, wird im Rennen mit anderen Unternehmen im Vorteil sein. Aller Voraussicht nach wird es aber auch in Zukunft eine Vielzahl an Unternehmen geben, die ungeachtet der Nachhaltigkeit eine Gewinnmaximierung forcieren.

Die zukünftige Entwicklung des Finanzmarktes liegt an uns: Welche Unternehmen unterstützen wir durch unsere Investitionsentscheidungen und kann das Biest somit noch zum Prinzen werden? 

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