Ein Zusammenschluss verschiedener studentischer Initiativen am Campus Regensburg wendet sich in einem offenen Brief an das Studentenwerk Niederbayern/Oberpfalz, um in einem konstruktiven Dialog eine klimafreundliche Gestaltung des Mensabetriebs zu erwirken. Im Vorfeld wurde dafür eine umfangreiche Mensaumfrage durchgeführt.

Der offene Brief wurde am 07. Mai 2022 veröffentlicht.

Offener Brief der studentischen Initiativen

Sehr geehrte Frau Steudte,
in den letzten drei Jahren hat das STWNO in guter Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Nachhaltigkeit und dem AStA nach Wegen in eine nachhaltige Zukunft der Hochschulgastronomie gesucht. Sie haben – zweifellos im Bewusstsein der Notwendigkeit einer Veränderung – Einweglösungen durch Mehrwegbecher, -besteck und -boxen mit Pfandsystem ersetzt, bieten eine Vielzahl veganer, regionaler und biologischer Gerichte an und klären auf Ihrer Website über Nachhaltigkeit auf.
Wir danken dem STWNO für diese Bemühungen und erkennen an, dass es bereits sehr viel im Bereich Nachhaltigkeit unternommen hat.

Jedoch wirken sich all diese Maßnahmen nur gering auf die Treibhausgasemissionen aus und sind daher unzureichend.
Wie Sie wissen, hat die Klimakrise einen Punkt erreicht, an dem eine wirksame und schnelle Reduktion der Treibhausgasemissionen unerlässlich ist. Emissionsintensive Lebensmittel auf dem Speiseplan müssen emissionsarmen (das heißt in der Regel pflanzlichen) Lebensmitteln weichen. Dabei kommt es nicht nur auf die Emissionen als solche an, sondern auch auf die Vorreiter- und Vorbildfunktion: Einzelne Akteure, also auch einzelne Studierendenwerke, müssen Wege aufzeigen, um andere Menschen und Institutionen zur Nachahmung zu bewegen.
Als Orientierung für eine solche Umstellung der Speisepläne können die Berliner Mensen dienen, die sich an der Planetary Health Diet [1] und den Vorgaben des WWF orientiert haben: Fleisch- und Fischgerichte wurden auf jeweils 4 % des Angebots reduziert und es wurde ein vegetarischer Tag eingeführt [2]. Das STWNO sollte daran anknüpfen.

Wir, die unterzeichnenden Initiativen, fordern daher, dass der Speiseplan in Mensen und Cafeterien (auch in den Außenstellen) baldmöglichst entschieden verändert wird entsprechend der CO2-Bilanz der Gerichte [3]; das bedeutet insbesondere eine drastische Einschränkung von Fleisch-, Fisch- und Käsegerichten.

Besonders Rindfleisch sollte auf ein verschwindend geringes Maß reduziert werden, da das bei der Rinderzucht emittierte Methan nicht nur ein Haupttreiber der Erderwärmung ist, sondern auch vergleichsweise schnell (im Laufe von 12 Jahren [4]) wieder abgebaut wird. Dementsprechend stellt dies eine vergleichsweise schnelle und effektive Klimaschutzmaßnahme dar.

Anteil und Vielfalt pflanzlicher Gerichte müssen erhöht werden, um eine klimafreundliche und zugleich attraktive Ernährungsweise zu ermöglichen. Als konkrete Orientierung kann dienen, dass der Anteil klimaschädlicher Lebensmittel den in der Planetary Health Diet angegebenen Wert nicht übersteigen darf.

Wir sind uns bewusst, dass das STWNO wirtschaftlich handeln muss und solche Maßnahmen aus Ihrer Sicht ein Risiko darstellen. Dazu gehört einerseits die Kostenseite. Jedoch sind pflanzliche oder klimafreundliche Gerichte aus unserer Sicht nicht automatisch kostenintensiver, und die Auswahl und Wirtschaftlichkeit veganer Produkte hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Die – je nach Art der Gerichte – womöglich erhöhten Produktionskosten für klimafreundliche Gerichte ließen sich durch höhere Preise für klimaschädliche Gerichte querfinanzieren, womit zugleich ein Anreiz im Sinne einer CO2-Bepreisung geschaffen würde.

Auf der anderen Seite können wir uns vorstellen, dass Sie eine verminderte Akzeptanz pflanzlicher Alternativen durch Ihre Kund:innen befürchten. Deshalb haben wir in einer (nicht repräsentativen) Umfrage unter Studierenden und Mitarbeitenden unter anderem gefragt, was sie sich von dem Mensaangebot wünschen und wie sie auf ein verändertes Angebot reagieren würden. Insgesamt nahmen an der Umfrage 5635 Menschen teil.

Während nur ca. ein Drittel der Teilnehmer:innen eine vegetarische Lebensweise angab, meinten 76,2 %, dass ein vermindertes Fleischangebot sie nicht vom Besuch der Mensa abhalten würde; mehr noch, für die relative Mehrheit wäre ein vermindertes Fleischangebot sogar ein Grund, häufiger in der Mensa zu essen statt seltener (26,3 % zu 23,8 %).
Darüber hinaus gaben viele Teilnehmende an, dass ein zu geringes vegetarisches und veganes Angebot sie derzeit vom Mensabesuch abhalte; 57,5 % würden häufiger in der Mensa essen, wenn es davon eine größere Auswahl gäbe.
Nach diesen Erkenntnissen scheint die besagte Umstellung des Speiseplans nicht nur machbar, sondern sogar wirtschaftlich geboten. Zudem sind wir gerne bereit, in weiterer Unterstützung des Studierendenwerks über die Veränderungen zu informieren und so mehr Akzeptanz dafür zu schaffen.

Wir würden uns freuen, diese Punkte bei Gelegenheit persönlich mit Ihnen zu besprechen, und freuen uns auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Netzwerk Nachhaltigkeit, AStA, Students for Climate Justice, The Regensburg Alt. Protein Project
unterstützt von den Green Offices der Universität und der OTH Regensburg

Quellen:
[1] Vollständige Studie unter https://www.thelancet.com/commissions/eat; Zusammenfassungen etwa unter https://www.bzfe.de/nachhaltiger-konsum/lagern-kochen-essen-teilen/planetary-health-diet/ oder https://en.wikipedia.org/wiki/Planetary_health_diet
[2] https://www.stw.berlin/mensen/mensa-online/themen/mensa-ernaehrungskonzept.html [Ergänzung am 02.09.22: Die Website des Studierendenwerks wird offenbar gerade umgebaut, sodass die verlinkten Informationen dort nicht zu finden sind; siehe einstweilen die archivierte Version unter https://web.archive.org/web/20220808122716/https://www.stw.berlin/mensen/mensa-online/themen/mensa-ernaehrungskonzept.html]
[3] Umfassende Statistiken unter https://ourworldindata.org/environmental-impacts-of-food
[4] Siehe etwa https://de.wikipedia.org/wiki/Methan#Treibhauspotenzial


Ausschnitt aus den Ergebnissen der durchgeführten Umfrage unter Studierenden und Mitarbeitenden der OTH und Uni Regensburg

Würden Sie häufiger in die Mensa gehen, wenn es eine größere Auswahl an vegetarischen/veganen Angeboten gäbe?

Unter den Mitarbeitenden stimmten auf diese Frage 53 % mit “Nein” und insgesamt 47 % mit “Ja” ab. Unter den letzteren würden 16,5 % besonders für vegetarische Gerichte gern häufiger kommen, 8,2 % vor allem für vegane und 22,2 % unabhängig davon, ob vegane oder vegetarische Angebote vermehrt angeboten werden.
Unter den Studierenden stimmten auf diese Frage 40,4 % mit “Nein” und insgesamt 59,6 % mit “Ja” ab. Unter den letzteren würden 16,3 % besonders für vegetarische Gerichte gern häufiger kommen, 17,7 % vor allem für vegane und 25,6 % unabhängig davon, ob vegane oder vegetarische Angebote vermehrt angeboten werden.

Über beide Gruppen hinweg stimmten 57,5 % mit “Ja” ab, während 42,5 % nicht häufiger in die Mensa gehen würden, wenn es mehr vegetarische oder vegane Gerichte gäbe.

Würden Sie seltener in die Mensa gehen, wenn es kein Fleisch oder weniger Fleischangebot gäbe?

Unter den Mitarbeitenden stimmten auf diese Frage 18,9 % mit “Nein, häufiger” ab,  52,1 % mit “Nein, gleichbleibend” und 29 % mit “Ja”. Unter den letzteren würden 7,5 % gar nicht mehr kommen, wenn es weniger Fleisch gäbe und 5,8 % etwas seltener. Weitere 8,7 % würden nur dann nicht mehr kommen, wenn es kein Fleisch mehr gäbe, 6,9 % nur etwas seltener, wenn auf Fleischgerichte verzichtet würde.
Unter den Studierenden stimmten auf diese Frage 27,8 % mit “Nein, häufiger” ab,  49,4 % mit “Nein, gleichbleibend” und 27,8 % mit “Ja”. Unter den letzteren würden 4,5 % gar nicht mehr kommen, wenn es weniger Fleisch gäbe und 4,8 % etwas seltener. Weitere 7,2 % würden nur dann nicht mehr kommen, wenn es kein Fleisch mehr gäbe, 6,3 % nur etwas seltener, wenn auf Fleischgerichte verzichtet würde.

Über beide Gruppen hinweg stimmten 26,3 % aller Teilnehmenden dafür ab, häufiger in die Mensa zu gehen, wenn es kein oder weniger Fleisch gäbe. Insgesamt 76,2 % würden nicht seltener in der Mensa essen. 23,8 % würden demnach seltener in die Mensa gehen.