Von Gabriel Zehentbauer, Leonie Pfab, Paolo Jonas, Louise Hartmann und Alen Purisic
Im Rahmen der Ringvorlesung „Interdisziplinäre Facetten der Nachhaltigkeit“ hielt Mathias Müller, Professor der Fakultät Bauingenieurwesen der OTH Regensburg, am 31.03.2021 einen Vortrag über das Thema „water2wire: Neubau von Wasserkraftanlagen als interdisziplinäre Aufgabe“. Er selbst hat jahrelang Erfahrung im Bau von Wasserkraftprojekten gesammelt und konnte unter Einbeziehung von drei Projektbeispielen in Schottland, Chile und Peru aus erster Hand berichten.
Aber was hat Interdisziplinarität überhaupt mit Wasserkraft zu tun? Dabei werden besonders hier Kompetenzen aus den verschiedensten Bereichen benötigt: Sowohl die der Ingenieur*innen und der Geolog*innen, als auch das Know-How aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Finanzen.
Ebenso spielt Nachhaltigkeit eine wesentliche Rolle: „Nachhaltigkeit ist ein weit gefasster Begriff“, so Müller. Um dies aber besser zu veranschaulichen, orientiert sich der Professor an den „17 Sustainable Development Goals“, die von der UN definierten Nachhaltigkeitsziele. Von besonderer Bedeutung sind dabei aber: „Nachhaltige und Moderne Energien für alle“, „Widerstandsfähige Infrastruktur und nachhaltige Industrialisierung“, „Nachhaltige Konsum und Produktionsweisen“ und „ Sofortmaßnahmen ergreifen, um dem Klimawandel und seinen Auswirkungen zu bekämpfen“.
Prof. Müller erläuterte in seinem Vortrag ausführlich, wie diese vier Ziele an den folgenden drei Projekten erfolgreich umgesetzt wurden. Die erste Anlage ist ein Wasserkraftwerk in Schottland, Glendoe am Loch Ness. Es handelt sich um ein Spitzenlastkraftwerk, welches bis zu 100 MW Nennleistung generiert und eine Fallhöhe von 600 m hat. Diese Art des Kraftwerks ist sehr wertvoll, da es regelbar ist und somit Laständerungen im Stromnetz schnell folgen kann. Südlich der chilenischen Hauptstadt „Santiago“ befindet sich das zweite vorgestellte Projekt „La Confluencia“. Dabei erzeugt das Kraftwerk eine Leistung von insgesamt 160 MW. Der Wirkungsgrad des Wasserkraftwerkes beträgt 93 Prozent. Im Vergleich dazu, liegt der eines Thermischen Kraftwerkes bei nur ungefähr 75 Prozent. Das dritte Wasserkraftwerk „Cheves“ entstand in Peru, nördlich der Hauptstadt Lima. Im Projekt „Cheves“ beträgt die Fallhöhe 600 Metern und die Leistung 172 MW. In allen drei Wasserkraftwerken ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit exorbitant wichtig, so werden unter anderem auch Geolog*innen mit in den Bauprozess einbezogen, um Gesteinsproben zu überprüfen.
Um derartige Projekte umzusetzen ist die Kalkulation bestimmter Risiken zu beachten, wie beispielsweise der Vorfall im schottischen Wasserkraftwerk, in dem der Einsturz eines Rohres erheblichen Schaden angerichtet hat. Daher ist ein kompetentes und qualitativ hochwertiges Risikomanagement unumgänglich, um vor allem finanzielle Dysbalancen adäquat zu lösen.
Festzuhalten ist, dass die Wasserkraft wie Prof. Mathias Müller es formuliert „ein Geschenk des Himmels“ ist und es durch weitsichtige und interdisziplinäre Zusammenarbeit gelingt, saubere Energie zu produzieren. Problematisch ist allerdings, dass es an guten Standorten und vielversprechenden Projekten mangelt. Doch wie groß ist der Einfluss der Anlagen und Tunnelsysteme auf umliegende Ökosysteme? Laut Prof. Müller sind die größten Auswirkungen die Straßen, welche zu den Anlagen führen und das Gebiet für Folgenutzungen, wie beispielsweise Windkraftanlagen erschließen.
Auch wenn in Deutschland lediglich drei bis vier Prozent des Stroms durch Wasserkraftanlagen generiert werden, ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass wir auf internationalen Austausch auch in der Energiewirtschaft angewiesen sind. Folglich ist eine gute Zusammenarbeit zwischen den Ländern wichtig, um gemeinsam regenerative Energiequellen zu schaffen.